Plötzlich sind Sie da und Sie pilgern mit messianischem Eifer von Marktplatz zu Marktplatz, um sich Gehör zu verschaffen. Sie wissen, was die Menschen hören wollen; Sie wissen, sich beliebt zu machen, Sie wissen, was den Menschen gut tut. Sie tragen Ihre Meinung heilsbringend in die zerstrittene Welt, mit der Absicht, sie zu retten. Sie haben ja auch etwas anzubieten, wonach sich die Menschen sehnen. Ich weiß zwar nicht, welche Menschen Sie meinen, die Palästinenser, die Israeli, die Ukrainer, die Russen oder uns hier in Deutschland, egal auch, denn Frieden und vor allem Ruhe haben wir alle nötig. Für Frieden zu sein, ist schon ein überzeugendes Geschäftsmodell. Und Sie predigen mit großer Überzeugung von der Idee des Friedens, so, wie Jeanne d’Arc von der Idee des Sieges! Wussten Sie, dass Sie sehr viel Ähnlichkeit mit dieser Heiligen haben?
Was völlig offen bleibt, ist die Frage, wie Frieden erreicht werden kann. Aber auch davon haben Sie eine Idee und diese Idee liegt geradezu auf der Hand: Sie wollen mit Ihrem Geschäftskollegen im Kreml verhandeln und Sie betonen, dass man den Erfolg zwar nicht versprechen kann, doch müsse man es immer wieder versuchen. Obwohl Sie also nicht wissen, ob Ihre Bemühungen Erfolg haben werden, argumentieren Sie, dass der Westen die Waffenlieferungen stoppen müsse, denn mit Waffen, sagen Sie, könne man keinen Frieden erreichen, man würde nichts anderes bewirken, als den Krieg mit all dem Leid, das er verursacht, immer weiter fortzusetzen. Würden Sie, Frau Wagenknecht, das den Menschen in der Ukraine auch so sagen? Was Russland angeht, haben Sie ja eine sehr eigene Meinung und Sie sind davon überzeugt, dass die Menschen in der Ukraine unter russischer Ägide genau so gut leben könnten wie sie es jetzt tun.
Was meinen Sie denn, wenn Sie sagen, man müsse verhandeln? Was wollen Sie mit Verhandlungen erreichen und was ist, wenn Ihr Kremlfreund Sie einfach im Stich lässt und um keinen Preis verhandeln will? Bei Ihren guten Beziehungen zu Putin geht es doch gar nicht um „verhandeln“; Sie können ihm doch einfach sagen, was Ihnen am Herzen liegt und was Sie sich wünschen. Haben Sie ihn schon einmal gebeten, keine Schulen, Kliniken oder Kindergärten mehr zu bombardieren? Haben Sie ihn schon einmal davon überzeugt, dass Russland mit seiner Geschichte und seiner Kultur einen großartigen Beitrag leisten könnte zum friedlichen Miteinander in Europa. Haben Sie ihn schon einmal gefragt, ob er sich bei dem Gedanken gut fühle, dass sich so viele vor ihm fürchten?
Wissen Sie eigentlich, warum Deutschland Waffen in die Ukraine liefert? Haben Sie bei Ihrem messianischen Engagement für den Frieden noch klare Vorstellungen von der Chronologie der vergangenen drei Jahre? Sie wissen schon, dass Sie sich mit dem Slogan „Frieden“ werbetechnisch einen großen Vorteil verschafft haben. Wenn aber trotz aller Bemühungen kein Verhandlungserfolg zu erzielen ist, was wird aus dem Werbeprodukt „Frieden“; Riecht das Ganze nicht nach einer Mogelpackung? Sie handeln mit einer Ware, die Sie möglicherweise gar nicht liefern können. Haben Sie dabei ein gutes Gefühl? Was wird sein, wenn Sie den Frieden nicht erreichen und der Westen keine Waffen mehr liefert? Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich? Auf Seiten Putins oder auf der Seite der Ukraine? Diesbezüglich sind Sie mit Ihren Äußerungen sehr zurückhaltend bzw. erklärterweise zwiespältig.
Wie schaffen Sie es, die Vielfalt Ihrer Argumente unter einen Hut zu bringen? Sie sagen, der Überfall Russlands auf die Ukraine sei völkerrechtswidrig, andererseits bezichtigen Sie den Westen der Kriegstreiberei, nur weil er versucht, den Menschen in der Ukraine zu helfen, ihre Geschichte, ihre Kultur, ihr Land, ihre Identität behalten zu können. Verlangen Sie von der Ukraine, um des Friedens willen auf ihr Land oder auf Teile von ihm zu verzichten? Ist das Teil Ihres Geschäftsmodells? Als überzeugte Stalinistin haben Sie natürlich Probleme mit dem Westen und insbesondere mit der NATO. Auch da hätte ich eine Frage zu Ihrem Geschichtsverständnis: Haben die osteuropäischen Länder nach dem Zerfall der Sowjetunion um die Aufnahme in die NATO gebeten oder ist die NATO in diese Länder einmarschiert und hat sie zur Kapitulation gezwungen? Wie ist da Ihre Meinung?
Vielleicht werden Sie es komisch finden, dass ich Sie im Zusammenhang mit Fakten nach Ihrer Meinung frage. So aber, wie ich Sie erlebe, sind Sie ja darin geschult, zwischen Fakten und Meinungen hin und her zu jonglieren. Gibt es für Sie Fakten, oder sind Sie glücklich darüber, dass Ihr Geschäftsverständnis es ermöglicht, aus Meinungen schließlich Fakten zu machen? Ich kann mir vorstellen, dass die Welt damit einfacher wird, ob man ihr damit aber gerecht wird, da habe ich meine Zweifel. Zu Ihren Wahlerfolgen bei den Landtagswahlen kann man Ihnen ja nur gratulieren. Nun haben Sie also mit der Landesebene die erste Sprosse auf der Leiter nach oben erreicht und schon haben Sie Pläne für Europa. Bei Ihrem Elan dürfte Berlin nur eine kleine Verschnaufpause auf dem weiteren Weg nach oben sein. Was soll ich Ihnen wünschen, Sieg oder Frieden? Mit Gesundheit allein dürften Sie nicht zufrieden sein. Ansonsten: Denken Sie doch bitte in Ruhe noch einmal über alles nach!
Neueste Kommentare